Krisen über Krisen: Warum Corona im Wahlkampf kaum vorkommt

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Corona kommt in den Sozialen Medien als Thema für Parteiwerbungen immer seltener vor. Alleine die AfD thematisiert die Pandemie noch mit Kritik an den politischen Maßnahmen. Woran liegt das? Und wie wird Corona in der Bundestagswahl thematisiert?

Daniel Ruttloff, NRW School of Governance

Seit anderthalb Jahren hören wir täglich von der Corona-Pandemie — in den Nachrichten, im Fernsehen, von Politikern. Mit den niedrigen Inzidenzen im Sommer und der fortschreitenden Impfkampagne hat sich die Lage etwas entspannt. Inwiefern spielen das Virus und seine Bekämpfung eine Rolle in den Werbekampagnen der Parteien zur Bundestagswahl? Sprechen sie über ihre Taktiken zur Bewältigung der Krise und über die Gestaltung der Zeit nach der Pandemie? Wir haben uns die Online-Wahlkämpfe der Parteien angeschaut und nach Spuren der Pandemie gesucht.

Insgesamt scheint die Coronakrise im Online-Wahlkampf ins Vergessen geraten. So wird die Coronapandemie derzeit politisch von anderen Krisen überschattet: der Klimawandel und seine Auswirkungen wie das Juli-Hochwasser und die humanitäre Krise in Afghanistan.

So posten beispielsweise die Grünen auf Twitter seit dem Ahrhochwasser nur noch vereinzelt zur Coronapandemie. Der Fokus liegt auf Ökologie als dem Markenkern der Partei.

Mit Blick auf die Coronapandemie unterscheidet sich die AfD deutlich von den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Die Unionsparteien, die Grünen, die SPD, die FDP und die Linkspartei sehen die Coronapandemie als etwas, was die großen Probleme unserer Gesellschaft aufgedeckt hat: Wie steht es um die Digitalisierung in Deutschland? Oder wie werden Kinder berücksichtigt werden bei Schutzmaßnahmen und Luftfilteranlagen in Schulen. Corona dient hier als Auslöser für Reformideen und für die Forderung für Umdenken in Gesellschaft und Wirtschaft.

Die AfD kritisiert hingegen die Maßnahmen selbst. Die AfD sieht sich als Fundamentalopposition gegen die Regierung und deren Vorschläge, aber auch gegen die Bevormundung durch linksliberale städtische Eliten, in Teilen auch gegen abstrakte Wissenschaft. So möchte die AfD am liebsten alle Maßnahmen gegen die Pandemie sofort aufheben. Gerade in den Sozialen Medien bezieht sie sich auf Verschwörungsmythen und Desinformation. Beispielsweise zweifeln sie die Rechtstaatlichkeit der Maßnahmen an und fordern, dass endlich wieder die Grundrechte für alle gelten müssten. Das ist Wasser auf die Mühlen der Verschwörungsgläubigen. Auch bezeichnen sie die Lockerungen von Maßnahmen für Geimpfte als „Impf-Apartheit". Dabei schaltet die AfD sehr viel mehr Werbung auf den Social-Media-Plattformen als die anderen Parteien. Viel davon bezieht sich eindeutig auf Narrative von Verschwörungstheoretikern.

Mit dieser Kombination von viel Werbung und Verschwörungsmythen will die AfD vermutlich kritische Gruppen wie die Querdenker-Bewegung als Wähler gewinnen.

Insgesamt adressiert vor allem die AfD die Coronapandemie im Wahlkampf. Bei den anderen im Bundestag vertretenen Parteien rücken bereits andere Themen in den Vordergrund.

Foto: Alin Luna / Unsplash