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Wird die Innovation das Klima retten? — Die Klimapolitik der FDP

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Der Klimaschutz ist laut Umfragen das wichtigste Thema dieser Bundestagswahl.1 Auch die FDP nennt Klimaschutz als eins ihrer Ziele. Aber während Grüne und SPD neue Regelungen und Besteuerung für die Minderung des CO2-Ausstoßes vorschlagen, setzt die FDP auf Innovationen, moderne Technologien und freie Marktwirtschaft. Dabei betont sie: die Klimakrise könne nur durchs Erfinden und nicht Verbieten bewältigt werden.2 Doch können Innovationen allein das Klima retten?

Von Daniel Ruttloff und Tatevik Tophoven-Sedrakyan, NRW School of Governance

Erst kürzlich wurde ein neuer Bericht des Weltklimarates veröffentlicht. Die Prognosen sind erschreckend. Bis 2030 wird die Erderwärmung die 1,5°C erreicht haben. Dies ist 10 Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. Somit bleiben weniger als neun Jahre Zeit zum Handeln. Darum nimmt die Bewältigung des Klimawandels einen besonderen Platz in diesem Bundestagswahlkampf ein.

So zeigt sich auch die FDP besorgt um die Klimakrise. Allerdings unterscheidet sie sich in ihrer Rhetorik von den anderen großen Parteien. Die FDP setzt allein auf das Instrument des Emissionshandels mit einem stetig sinkenden Gesamtvolumen an zu verbrauchenden Klimagasen.3 In diesem Rahmen will sie technologische Innovation und freien Markt und lehnt jegliche Verbote ab.

Die FDP wirbt sowohl in den sozialen Medien als auch auf der Straße offensiv darum, dass wir auf Innovationen vertrauen sollten, statt auf Verbote. Dazu gehören Slogans wie „Technologie statt Ideologie“, „German Mut statt German Angst” und „E-Fuels statt Fahrverbote".4 Auf seiner Facebook-Seite erklärt Parteichef Christian Lindner:

Statt mit vielen kleinteiligen Regelungen wollen wir Freien Demokraten mit einem festen CO2-Deckel unsere Gesellschaft dazu verpflichten, das CO2-Limit einzuhalten. Dadurch garantieren wir, dass das festgesetzte Ziel für den Klimaschutz erreicht wird. Den Weg zu den technologisch überzeugendsten Lösungen überlassen wir aber dem marktwirtschaftlichen Prozess, dem Erfindergeist der Ingenieurinnen und Technikern in unserem Land.5

Doch sind Technologien in der Lage, schnell und effizient auf die Probleme des Klimawandels zu reagieren? Können wir die Klimaziele allein mit Innovationen erreichen?

Hierzu schlägt die FDP einige Lösungen vor wie beispielsweise das Filtern von CO2 aus der Atmosphäre mithilfe des relativ neuen „Direct-Air-Capture"-Verfahrens. Dazu schreibt die FDP Saarland auf ihrer Facebook-Seite:

Ja, auch ein ‚CO2-Staubsauger’ kann das Klima retten. [...] Riesige Ventilatoren saugen die Luft an und filtern das klimaschädliche CO2. Während der Filterung sammelt sich das CO2 an der Oberfläche eines Filters. Ist eine Sättigung erreicht, dann wird das CO2 bei einer Temperatur von etwa 100 Grad Celsius gelöst und als hochreines Gas freigesetzt und abgefüllt. Das CO2 kann dann weiter benutzt werden, zum Beispiel für synthetischen Kraftstoff oder als Düngemitte."6 Dies scheint eine bequeme Lösung zu sein. Es gibt keinen Druck, sich schnell und unmittelbar ändern zu müssen. Allerdings verbraucht diese Technologie sehr viel Energie.7 Und selbst ein Notfall-Bauprogramm für solche Filter hätte bis 2050 nur geringfügige Auswirkungen auf schätzungsweise sechs Prozent des heutigen CO2-Außstoßes. Dies wäre für die FDP allerdings keine Aufgabe für den Staat, sondern für die Privatwirtschaft. Schmackhaft machen soll dies der Emissionshandel, der Unternehmen dafür belohnt, wenn sie CO2 einsparen oder der Atmosphäre entziehen.

Im Bereich des Verkehrs setzt sich die FDP für E-Fuels für klimaneutrales Reisen und Pendeln ein. Dabei wird auf Grundlage erneuerbarer Stromquellen und aus der Luft gewonnenem CO2 synthetisches Benzin hergestellt. Das Verbrennen dieses Kraftstoffs setzt dann wieder CO2 frei.8 Die FDP will mit dem Einsatz von E-Fuels Fahrverbote verhindern und die lokale Luftqualität verbessern.9 Allerdings setzt das Verbrennen von E-Fuels auf den Straßen erst einmal die gleichen Emissionen frei wie das von fossilen Energieträgern. Insofern brächte dies keine Besserung der Atemluft in den Städten. Zudem wird bei der Herstellung von E-Fuels sehr viel mehr Strom verbraucht als beim Aufladen eines Elektroautos. Fürs Ersetzen aller fossilen Kraftstoffe durch E-Fuels bräuchte es nach heutigem Stand das 2,5-fache des Deutschen Gesamtenergieverbrauchs.10

Andere Beispiele eines klimafreundlichen Industrieumbaus werden nicht genannt oder bleiben bisher Zukunftsmusik. Ohnehin vergehen bis zum möglichen Einsatz und der weitreichenden Verbreitung von neuen Technologien meist Jahrzehnte — zu spät für unseren Weg zur Klimaneutralität bis 2050.

Natürlich beruhen einige der bisherigen umweltpolitischen Erfolge auf technologischen Innovationen: Positive Beispiele sind etwa das bleifreie Benzin und die Katalysatoren, mit denen das Waldsterben in den 1980er Jahren aufgehalten wurde. Auch das Ozonloch konnte sich weitgehend schließen, nachdem FCKW etwa in Kühlschränken oder in Spraydosen durch umweltfreundlichere Ersatzstoffen ersetzen. Jedoch lief beides nicht ohne Verbote. 1988 wurde bleihaltiges Benzin verboten, 1989 der Katalysator für Neuwagen Pflicht. FCKW dürfen seit 1991 nicht mehr verwendet werden.

Schlussfolgerung: Die FDP stellt sich als eine Partei dar, welche Umweltschutz ohne lästige Verbote und Bevormundung schaffen kann. Ob dafür das gewählte Instrument des Emissionshandels ausreicht, erscheint fraglich. Die angeführten Beispiele zeigen: Innovationen und Marktkräfte alleine reichen wohl für die Rettung des Klimas nicht aus.

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