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Kandidierende und ihre Verlinkungen auf Facebook – Ein Überblick nach Parteizugehörigkeit

(Reading time: 4 - 8 minutes)

Eine Verlinkung in einem Social-Media-Beitrag kann verschiedene Funktionen erfüllen: Der Link kann beispielsweise als Beleg des eigenen Posts dienen, zur weiterführenden Information verbreitet werden oder kritisch kommentiert werden. Auf welche Seiten die Kandidierenden der aktuellen Bundestagsparteien in ihren Facebook-Beiträgen verlinken, wird in diesem Beitrag untersucht. Dabei zeigt sich, dass diese nicht nur etwas über persönliche und parteiliche Schwerpunkte verraten, sondern auch über das Selbstverständnis, wofür der eigene Social-Media-Auftritt stehen soll.

Von Christine Jais, European New School of Digital Studies

Für die kommende Bundestagswahl gibt es 299 Wahlkreise1, in jedem von ihnen wird über die Erststimme ein:e Direktkandidat:in gewählt, welche:r den jeweiligen Wahlkreis für die kommende Legislaturperiode im Parlament vertritt. Zusätzlich legen die Parteien Landeslisten vor, auf denen festgelegt wird, in welcher Reihenfolge Kandidat:innen nach dem Verhältnis der Zweitstimme in den Bundestag einziehen. So addiert sich die Zahl der Kandidat:innen dieses Jahr auf 6.211, 2.558 davon gehören zu den im Bundestag vertretenen Parteien.

Im Wahlkampf kommt es für die Kandidierenden darauf an, sowohl für sich selbst als auch für die zugehörige Partei die Werbetrommel zu rühren, wobei es für die Direktkandidat:innen eine besondere Rolle spielt, auf lokale Strukturen im Wahlkreis einzugehen. Für die Analyse wurden die Beiträge aller auf Facebook vertretenen Kandidierenden2 von aktuell im Bundestag vertretenen Parteien im Zeitraum 01.09.-15.09.2021 ausgewertet.

Kategorisiert werden die Verlinkungen in: Zeitungen und Online-Informationsportale, Partei-Verbände oder Homepages von Kandidierenden, Gemeindeveröffentlichungen, Homepages von Unternehmen und Institutionen, Links zu anderen Facebook-Beiträgen und Links zu Beiträgen auf weiteren sozialen Netzwerken. Verlinkungen, die in keine dieser Kategorien passen, wie z.B. zu Meinungsblogs, zu Videos und Mediatheken oder zu Petitionen, sind unter „Sonstiges” zusammengefasst.

CDU

Von den 243 Profilen von CDU-Kandidat:innen3 wurden insgesamt 202 Posts mit Link veröffentlicht. Bei der CDU nehmen lokale Berichte über die Hälfte der Zeitungsbeiträge ein, andere oft geteilte Medien sind der WDR, Focus, Welt und Bild. Ein Blick in die Lokalbeiträge zeigt, dass viele von ihnen Berichte zu oder Interviews mit den Kandidierenden sind.

Knapp ein Viertel aller Beiträge enthält einen Link zu einer Homepage eines:r Direktkandidat:in oder aktuellen Abgeordneten. Besonders einer trägt vermehrt zu dieser Statistik bei: Axel Knoerig, Direktkandidat für den Wahlkreis Diepholz/Nienburg I in Niedersachsen, verweist insgesamt 16 Mal auf seine Webseite oder seinen zugehörigen Blog. Diese Zahlen demonstrieren, dass bei der CDU der Großteil der Verlinkungen dem Bewerben der eigenen Person und der Lokalpolitik dient – sei es über die eigene Webseite oder über Links zu Lokalzeitungen.

CSU

Von den 47 untersuchten Profilen CSU-Kandidierender stammen insgesamt 51 Beiträge mit Links; 21 davon verweisen auf Zeitungen. Neben 17 Lokalberichten haben die Kandidat:innen gerade einmal noch je einen Link zur Welt, zum Münchner Merkur, zum Focus und zum BR veröffentlicht.

Auch die eigenen Homepages nehmen eine prominente Stelle ein – fünf Mal häufiger als Websites von CSU-Verbänden werden sie verlinkt. Bei der CSU wird unter den analysierten Parteien also der größte Lokalbezug hergestellt – noch intensiver als bei der Schwesterpartei CDU. Zudem sind von CSU-Kandidierenden fünf Beiträge in Mediatheken verlinkt worden – mit einem Zehntel der Gesamtlinks ist diese Quote höher als bei den anderen Parteien.

SPD

Von den 261 Profilen von Kandidierenden der SPD stammen zwischen dem 01.09. und dem 15.09. insgesamt 328 Posts mit Link. Zeitungen nehmen davon mit 139 Links den Großteil ein. Mit der Vorwärts befindet sich unter den häufig geteilten Zeitungen bei der SPD unter anderem die parteieigene Zeitschrift, sonst werden auch Beiträge des Spiegels, der Süddeutschen Zeitung und der Zeit häufig verlinkt. Lokale Beiträge machen ein gutes Drittel aller geteilten Zeitungsbeiträge aus, auch die Homepages von einzelnen Kandidierenden und Abgeordneten dominieren vor parteigeführten Seiten. Zudem ist die SPD bei Verlinkungen auf Facebook-Beiträge und andere soziale Netzwerke, insbesondere Twitter, stark.

Bündnis 90/Die Grünen

Von insgesamt 270 Beiträgen mit Links entfällt bei den 206 Kandidat:innen der Grünen knapp die Hälfte auf Zeitungen. Lokale Beiträge machen bei den Grünen nur etwa ein Viertel aller Zeitungsbeiträge aus. Unter den Tageszeitungen sind vor allem der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung und die Zeit vertreten – hier ähnelt die Medienauswahl also der der SPD.

Der Anteil der Verlinkungen zu Instituten ist bei den Grünen größer als bei Union und SPD. Zudem sind die Kandidierenden der Grünen in den ersten beiden Septemberwochen die einzigen der drei großen Parteien, die auch Aktivist:innen und Petitionen verlinken. Ebenso teilen die Kandidierenden mehr Homepages der Partei – der Anteil von Homepages einzelner Politiker:innen und von Verbänden ist ausgeglichen. Bei Facebook-internen Verlinkungen sind die Kandidierenden der Grünen Spitzenreiter unter den Parteien: 72 Mal führen Links zu anderen Posts.

Die Linke

Bei den 147 untersuchten Facebook-Accounts von Kandidat:innen der Linken nehmen Zeitungsbeiträge mehr als die Hälfte der insgesamt 261 Verlinkungen zwischen 01.09. und 15.09. ein. Mit einem Anteil an Lokalbeiträgen von einem guten Viertel ist dieser ähnlich bemessen wie bei den Grünen. Zudem befinden sich unter den meistgeteilten Zeitungen und Online-Informationsportalen einige moderat links bis linksradikal ausgerichtete wie die TAZ, Neues Deutschland, ANF Deutsch und die Junge Welt. Gemeinsam mit den Verlinkungen auf Aktivist:innen (3) und Petitionen (1) lässt sich hier also eine stärker aktivistisch ausgelegte Online-Aktivität feststellen.

Neben Verlinkungen auf Homepages der Partei und der Direktkandidierenden gibt es auch noch Links zu Bewegungen und Organisationen, die sich explizit mit der Linkspartei in Verbindung bringen (so z.B. frieden-links.de).

FDP

Die FDP ist mit 221 Kandidierenden4 auf Facebook vertreten. Von 380 Beiträgen mit Links führen 256 zu Zeitungsartikeln, was in etwa zwei Dritteln entspricht. Hier werden wieder vermehrt Lokalbeiträge geteilt; davon abgesehen sind die meistgeteilten Tageszeitungen die Welt, die Bild und die FAZ. Aber auch Fachzeitschriften wie das Ärzteblatt oder das Versicherungsmagazin befinden sich darunter. Verlinkungen auf die eigenen Homepages sind bei den FDP-Kandidierenden wiederum deutlich beliebter als Links zu FDP-Seiten.

AfD

Kandidierende der AfD produzieren auf 169 Profilen den meisten Facebook-Content der Bundestagsparteien, so auch die meisten Beiträge mit Link – insgesamt 556. Auf Zeitungen und Online-Portale entfallen etwa zwei Drittel davon: 385 Mal wurde darauf verlinkt. Im Gegensatz zu den anderen Parteien nehmen nicht die Lokalnachrichten den meisten Platz unter den Zeitungsberichten ein, sondern Verlinkungen zur rechtskonservativen Jungen Freiheit. Damit befinden sich zusammen mit Tichys Einblick zwei Medien in den TOP 10, die dem rechten Rand zuzuordnen sind. Bild und Welt sind die Tageszeitungen, die von den AfD-Kandidat:innen am häufigsten geteilt wurden. Generell befinden sich unter den weiteren Links mehrere zu tendenziösen Zeitschriften und Blogs, auf welchen fremdenfeindliche Artikel sowie Verschwörungstheorien zur Corona-Pandemie oder der Strompolitik kursieren, sowie fünf Verlinkungen zur gegen die Grünen gerichtete Negativ-Kampagne gruener-mist.de.

Insgesamt gibt es 49 Verlinkungen zu Homepages von AfD-Politiker:innen, allerdings stammen 44 davon von zwei Personen: Ulrich Oehme (24) und Sebastian Münzenmaier (20). Gemessen am Gesamtaufkommen der Link-Beiträge seitens AfD-Kandidierenden sind die AfD-internen Verweise auf Homepages oder Facebook-Beiträge unauffällig – spannend, wenn man bedenkt, dass AfD-Beiträge generell deutlich häufiger geteilt werden als die anderer Parteien.

Fazit

Insgesamt nehmen die Kategorien Zeitungsbericht und Eigene Homepage/Homepage der Partei unter den Verlinkungen die mit Abstand größten Anteile ein. Lokalberichte nehmen dabei parteiübergreifend eine bedeutende Rolle auf den Profilen der Kandidat:innen ein. Es scheint Zusammenhänge zwischen dem Anteil lokaler Berichte und dem Anteil an Verlinkungen auf Homepages von Kandidierenden zu geben: Bei Parteien, deren Kandidierende viel Lokales posten, wird auch häufig auf die Kandidat:innen-Webseite verwiesen. Dazu gehören Union, SPD und FDP. Grüne und Linke haben einen etwas anderen Schwerpunkt: Bei ihnen wird ebenso häufig auf die jeweilige Partei wie auf einzelne Kandidat:innen verwiesen und auch auf aktivistische Inhalte verlinkt.

Sowohl die Linke als auch die AfD, in Teilen auch die FDP, stützen sich auf Zeitungen, die tendenziell zur Parteilinie passen. Kandidat:innen der AfD setzen die Regierungskritik der Partei und teilweise Verbreitung von Falschinformationen auch in ihren Facebook-Verlinkungen fort, indem sie Beiträge von Zeitungen und Zeitschriften sowie Blogs verlinken, die rechtsradikale oder verschwörungstheoretische Artikel veröffentlichen.


  1. https://bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2021/wahlkreiseinteilung.html↩︎

  2. Liste der Kandidierenden laut Bundeswahlleiter, Social Media-Kanäle laut Recherche von Jan-Hinrik Schmidt (@JanSchmidt) & Philipp Keßling (@PKessling), Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI).; Datenauswertung mithilfe von Crowdtangle.com↩︎

  3. Insgesamt haben 424 CDU-Kandidierenden ein Profil auf Facebook. Durch Geoblocking sind allerdings nicht alle Profile in Crowdtangle verfügbar.↩︎

  4. Ohne Accounts mit Geoblocking↩︎

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