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Mindestlohn, Klimaschutz und Redezeit: Das dritte und letzte TV-Triell im Twitter-Feed

(Reading time: 5 - 9 minutes)

Am Sonnabend kamen die drei Kanzlerkandidat:innen zum dritten und letzten TV-Triell zusammen. Zum letzten Mal vor der Wahl am Sonntag, dem 26. September konnten sie den Wählerinnen und Wählern erklären, wie ein von ihnen regiertes Deutschland aussehen würde. Wie erwartet wurde die Sendung nicht nur in den traditionellen Medien, sondern auch auf Twitter intensiv kommentiert. Und auch diesmal haben wir uns diese Debatte angeschaut.

Von Shanti Walde (@shanti_walde), European News School of Digital Studies (ENS)

Zwischen Sonntagabend und Montag früh beteiligten sich 26.510 Nutzer:innen an der Diskussion zu dem von Linda Zervakis und Claudia von Brauchitsch moderierten ProSieben TV-Triell.1 Während und direkt nach der Sendung wurden insgesamt 27.960 originale Tweets verfasst. Rechnet man die Kommentare und Retweets auch dazu, kommt man auf 90.920 Beiträge, in denen der Hashtag #Triell erwähnt wurde.2

Im Vergleich zu den ersten zwei TV-Triellen wurde am Sonnabend deutlich weniger getwittert. Besonders auffällig ist der Unterschied zwischen dem zweiten und dem dritten Triell. Mit über 60.000 Tweets erreichte das Triell vom 12. September um 21:00 Uhr ein absolutes Twitter-Aufmerksamkeit-Hoch. Im dritten Triell stieg die Kurve hingegen nicht nur langsamer an, sie erreichte ihr Hoch zwar auch um 21:00 Uhr, aber mit nur 37.953 Beiträgen, also einem Drittel weniger als beim zweiten Triell.

Wie häufig wurden die Kanzlerkandidat:innen jeweils in den Tweets zum TV-Triell erwähnt? Spiegelbildlich zu den letzten zwei Triellen bekam auch diesmal Armin Laschet mit 41.460 Nennungen die meiste Aufmerksamkeit auf Twitter. Annalena Baerbock und Olaf Scholz folgten mit jeweils 27.00 und 16.110 Beiträgen, in denen ihr Name fiel.3

Zu welchen Themen wurde besonders viel getwittert? Ähnlich wie im Rahmen unserer Beiträge bezüglich des ersten sowie des zweiten TV-Triells soll auch hier eine Kookkurrenz-Analyse helfen, die wichtigsten Themen der Twitter-Debatte zu identifizieren.41] Die Wortwolken zeigen die Häufigkeit, mit der ein Wort im Zusammenhang mit dem Suchbegriff #Triell erwähnt wurde. Je größer das Wort, desto häufiger wurde es erwähnt. Zum Vergleich wurden die Wortwolken zu den vergangenen zwei Triellen ebenso beigefügt.

Klimaschutz, Mindestlohn und Moderation: Diese drei Begriffe stechen in der Wortwolke zum dritten TV-Triell besonders ins Auge.

Klimaschutz

Zwischen Sonntag und Montag verwendeten 2.982 Twitter-Nutzer:innen den Begriff Klimaschutz im Zusammenhang mit dem Hashtag #Triell. Mit 4.472 Beiträgen landet das Thema somit eindeutig auf Platz eins im Ranking der Triell-Twitter-Aufmerksamkeit.

Der Tweet von Claudia Kemfert, Professorin für Klimawirtschaft und Energiepolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, erreichte in diesem Zeitraum nicht nur die meisten Nutzer:innen (156.9545), sondern sicherte sich auch die meisten Retweets (403).

Im Rahmen der Twitter-Debatte zum zweiten Triell fiel das Wort “Klimaschutz” über 10.000 Mal. Im Vergleich dazu wirkt die Anzahl an Beiträgen dieses mal zunächst gering: 4.472. Gewichtet man jedoch die Anzahl der Tweets mit dem Wort Klimaschutz mit der jeweiligen Gesamtsumme an Tweets mit dem Hashtag #Triell, ergibt sich ein anderes Bild: mit einer Häufigkeit von 4 bis 7 % nahm der Klimaschutz in allen drei Debatten einen vergleichbar großen Stellenwert ein.

Mindestlohn

Direkt zu Beginn der Sendung fragte Linda Zervakis ob man mit den Kandidat:innen mit einem Mindestlohn von 12 € rechnen könne. Mit dieser Frage sorgte sie bereits zu Beginn eine heftige Debatte zwischen den Kandidat:innen. Baerbock und Scholz sprachen sich klar dafür aus. Laschet distanzierte sich von der Idee und betonte die Freiheit der Gewerkschaften, Löhne eigenständig zu verhandeln. Auch auf Twitter weckte das Thema großes Interesse. Mit 4.350 Beiträgen steht der Mindestlohn somit auf Platz zwei der meist erwähnten Twitter-Themen im Zusammenhang mit dem dritten TV-Triell.

Der Tweet des Bundesministers für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD), erzielte mit einem Reach von 274.858 nicht nur die größte Reichweite, sondern erhielt auch die meisten Retweets (291).

Moderatorin

Die Moderation von Claudia von Brauchitsch wurde auf Twitter auch besonders intensiv diskutiert. Dabei standen zwei Aspekte im Mittelpunkt der Debatte: die Kontroverse rund um die Aufteilung der Redezeit sowie ein angeblicher Interessenskonflikt.

Redezeit:

Knapp 35 Min nach Beginn der Sendung wurde die Redezeit eingeblendet: Armin Laschet hatte am meisten und Annalena Baerbock am wenigsten gesprochen. Olaf Scholz stand irgendwo dazwischen. Moderatorin Claudia von Brauchitsch bat dennoch Annalen Baerbock, sich fortan kürzer zu fassen. Zwar korrigierte sie diese Fehleinschätzung bereits wenige Minuten später, so hatte sich auf Twitter schon eine Stimmung der fragenden Empörung verbreitet.

Ein besonders großes Echo bekam in diesem Zusammenhang der Tweet des Grünen Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin. Mit seinem Tweet voller Verwunderung und Irritation erreicht er fast 1 Mio. Nutzer:innen.6 Mit 845 Retweets wurde sein Tweet nicht nur unter den Tweets zum Thema Moderation, sondern auch insgesamt im Rahmen des dritten TV-Triells am häufigsten geteilt.

Moderatorin:

Die andere Kontroverse zum Thema Moderation hat seinen Ursprung im vermeidlichen Interessenkonflikt der TV-Triell-Moderatorin Claudia von Brauchitsch, die zwischen 2010 und 2018 als Moderatorin des CDU-Parteisenders CDU.tv arbeitete.

Der Tweet des Journalisten und Social-Media Redakteurs Krsto Lazarević steht dabei exemplarisch für die Debatte. Nach dem Tweet von Jürgen Trittin steht dieser Post auf Platz zwei der insgesamt am häufigsten geteilten (553 Retweets) und am meist gesehenen (Reach von 150.400) Tweets im Rahmen des dritten TV-Triells.

Welche Parteien beteiligten sich am meisten an der Debatte zum TV-Triell? Betrachtet man die Tweets der Kandidierenden von CDU/CSU, SPD, Grünen, FPD, Die Linke und AfD nach Partei ergibt sich ein deutliches Bild: Die Grünen twitterten am meisten. 46 % aller Beiträge aus dem Pool der Beiträge, die von einem oder einer Kandidierenden stammen, waren von den Grünen verfasst. Das waren insgesamt 515 Beiträge. 31,1 %, also insgesamt 348 Beiträge, stammten hingegen von den Kandidierenden der SPD; 16 %, also 179 Beiträge von denen der Union. Die nicht am Triell beteiligten Parteien äußerten sich im Rahmen des Triells auf Twitter signifikant weniger. Die Kandidierenden der Linke verfassten insgesamt 43 Beiträge, die der FDP 27 und die der AfD 8.7

Diese Zahlen lassen sich jedoch nicht ausschließlich auf ein besonders aktives Twitter-Verhalten der Grünen zurückführen. Betrachtet man die Anzahl der Twitter-Accounts pro Partei erkennt man schnell, dass es bei den Grünen schlichtweg mehr Kandidierende gibt, die einen Twitter Account haben. Hier eine Übersicht:

Partei Zahl der Accounts im Datensatz
AfD 180
CDU 251
CSU 66
DIE LINKE 206
FDP 258
GRÜNE 335
SPD 297

Betrachtet man die Tweets mit #Triell der Kandidierenden einer Partei im zeitlichen Verlauf wird das zuvor geschildert Bild noch klarer. Zwar steigen alle sechs Kurven vor 21:00 Uhr an und fallen dann wieder, so tun sie dies mit ganz unterschiedlichen Proportionen. Auffällig ist zudem die Kurve der SPD. Gegen den generellen Trend erreicht sie ihren höchsten Punkt bereits um 20:00 Uhr, hält diesen bis 21:00 mit leicht sinkender Tendenz bei und sinkt dann ab.

Fazit

Es lässt sich festhalten: Im Vergleich zu den letzten Triellen wurden diesmal insgesamt deutlich weniger Beträge auf Twitter geteilt. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass das dritte und letzte nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, sondern auf dem Privatsender ProSieben gezeigt wurde. Es ist denkbar, dass somit die Reichweite auch generell deutlich geringer ist.

Auch diesmal bekam Armin Laschet das größte Maß an Twitter-Aufmerksamkeit. Es folgen Baerbock und Scholz in dieser Reihenfolge. Wechselt man hingegen die Perspektive und betrachtet, wie die Kandidierenden der im Bundestag vertretenen Parteien selbst an der Debatte teilnahmen, wird eines ganz klar: Die Kandidierenden der Grünen twitterten weitaus am meisten zum Thema TV-Triell. Am wenigstens zu dem Thema äußerten sich die Kandidierenden der CDU/CSU.

Ähnlich wie bei den vergangenen Triellen stand auch diesmal der Klimaschutz im Mittelpunkt der Debatte. Die Möglichkeit einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 € sowie die Kontroverse rund um die Moderation wurden ebenso heiß debattiert und kommentiert.


  1. Der genaue Beobachtungszeitraum ist: Sonntag, 19. September, 20:00 Uhr bis Montag, 20. September 2021, 08:00 Uhr.↩︎

  2. Außer wo explizit vermerkt, stammen alle Zahlen dieser Analyse von Brandwatch.↩︎

  3. Für eine bessere Vergleichbarkeit der Daten zwischen dieser und der Analyse zum zweiten Triell wurde für diese Grafik der Erhebungszeitraum jeweils auf Sonntag 20:00 Uhr bis Montag 12:00 Uhr erweitert. Alle anderen Grafiken und Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 20:00 und 08:00 Uhr.↩︎

  4. Für einen besseren Einblick in die thematische Schwerpunktsetzung wurden einige Wörter und Phrasen aus der Wortwolke entfernt. Konkret handelt es sich dabei um den Hashtag #Triell, da dieser den Kern der Twitter-Suche ausmacht und somit in allen Tweets vorhanden ist; die Namen der Kandidat:innen; Parteinamen und Parteikürzel; die zwei Wörter „Herr” und „Frau”; das Adverb „eigentlich”; das Adjektiv „einfach”; den Hashtag #BTW21.↩︎

  5. Diese Zahl bezieht sich auf den “Reach” eines Beitrages. Dieser bemisst die Anzahl all derer Nutzer:innen, die einen bestimmten Tweet gesehen haben.↩︎

  6. Der genaue Reach beträgt 979.507.↩︎

  7. Liste der Kandidierenden laut Bundeswahlleiter, Social Media-Kanäle laut Recherche von Jan-Hinrik Schmidt (@JanSchmidt) & Philipp Keßling (@PKessling), Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI).↩︎

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